RECHTE & PFLICHTEN

Musik und Wirtschaft

Sampling: Selbst kleinste Tonfetzen geschützt

Wer einem Tonträger nur kleinste Samples entnimmt, greift in die Rechte des Tonträgerherstellers ein. „Was nachgeahmt wird, verdient auch geschützt zu werden“, so der BGH im Rechtsstreit der Band „Kraftwerk“ gegen den Musikproduzenten Moses Pelham. Von der Erlaubnispflicht gibt es allerdings Ausnahmen.

1977 veröffentlichte die Düsseldorfer Band „Kraftwerk“ einen Tonträger, auf dem sich auch das Stück „Metall auf Metall“ befindet. Zwanzig Jahre später fertigte der Frankfurter Musikproduzent Moses Pelham eine elektronische Kopie einer etwa zwei Sekunden langen Rhythmussequenz des „Kraftwerk“-Titels. Pelham nutzte das Sample in fortlaufender Wiederholung (Loop) für seinen Sabrina-Setlur-Song „Nur mir“. Über die Klage von „Kraftwerk“ entschied der BGH am vergangenen Donnerstag.

Kleinste Fetzen als unternehmerische Leistung geschützt

Das im Urheberrechtsgesetz geregelte Tonträgerherstellerrecht schützt die zur Festlegung der Tonfolge auf einem Tonträger erforderliche wirtschaftliche, organisatorische und technische Leistung des Tonträgerherstellers. Da der Tonträgerhersteller die Leistung für den gesamten Tonträger erbringt, gibt es keinen Teil des Tonträgers, auf den nicht ein Teil des Aufwands entfiele und der daher nicht geschützt wäre. Ein Eingriff in die Rechte des Tonträgerherstellers ist deshalb bereits gegeben, wenn einem fremden Tonträger kleinste Tonfetzen entnommen werden, so der BGH.

Freie Benutzung zulässig

Nach den Ausführungen des BGH kann die Benutzung fremder Tonträger ohne Zustimmung des Berechtigten allerdings erlaubt sein, wenn das neue Werk zu der aus dem benutzten Tonträger entnommenen Tonfolge einen so großen Abstand hält, dass es als selbständig anzusehen ist. Bedeutet? Die Schaffung eines komplett neuen Werkes mit gesampleten Ausgangsmaterial, das nicht wieder erkennbar ist, fällt unter die Freie Benutzung. Ist das Sample allerdings noch herauszuhören und dem Originalstück zuzuordnen oder prägt es den neuen Song sogar, dann fehlt der erforderliche „Abstand“.

Auch in vorangegangenen Entscheidungen betont der BGH stets, dass das neue Werk gegenüber dem vorbestehenden einen solchen Grad von Selbständigkeit und Eigenart aufweisen muss, dass dessen Züge in dem neuen Werk verblassen und zurücktreten. Das fremde Werk darf also stets nur als Anregung für eigenes geistiges Schaffen dienen. Übertragen auf Samples gilt demnach Folgendes: Der Einbau von (kurzen) Samples aus anderen Werken, z. B. von Sounds, einzelnen Tönen oder Rhythmuselementen, kann eine Freie Benutzung sein, wenn der Hörer nicht erkennt, woher das gesampelte Material kommt.

Apropos Erkennbarkeit: Wesentliche Teile von Refrains (Hooklines) lassen sich freilich nicht entnehmen. Dies betont der BGH in seiner aktuellen Entscheidung. Soweit die entnommene Melodie (noch) erkennbar ist, liegt eine Freie Benutzung nicht (mehr) vor. Durch diesen Hinweis unterstreicht der BGH den im Urheberrechtsgesetz verankerten sog. starren Melodienschutz.

Eigenes Einspielen möglich?

Eine Freie Benutzung ist auch ausgeschlossen, wenn der Samplenutzer „befähigt und befugt“ wäre, die Töne oder Klänge selbst neu einzuspielen. Wer nur Kosten für Studiomusiker sparen will, darf nicht auf das fremde Material zugreifen. Der BGH fordert einen „gewissen Notstand“ zur Rechtfertigung der Samplenutzung.

Wann aber wäre jemand in der Lage, den Inhalt des Sample selbst einzuspielen? Je komplexer und einzigartiger ein Sample, desto weniger wird man fähig sein, es selbst nachzubilden. Nach den Ausführungen des BGH dürften damit gerade hochwertige und außergewöhnliche Sounds genutzt werden. Demgegenüber ließe sich einfaches Material – weil leicht selbst reproduzierbar – nicht als Sample nutzen. Ob eine solche Konsequenz vom BGH bedacht wurde, ist fraglich. Insofern bleibt abzuwarten, ob sich nähere Ausführungen (als in der bislang nur veröffentlichten Pressemitteilung) in dem vollständig abgefassten Urteil finden.


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